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Warnung der Regierung vor neuem rassischen Hochmut (12. Dezember 1979)

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Sehr entschieden wandte sich Kühn gegen alle „Nationalklassen“ in den Schulen, wie sie vor allem – auch in Stuttgart – von griechischen Elternvereinen und griechischen Regierungsvertretern gefordert werden. „Wir wollen niemanden an uns binden“, meinte Kühn, „wir wollen auch keine Zwangsgermanisierung. Aber Nationalklassen sind ein Teil der Gettoisierung“. Die Vorbereitungsklassen für ausländische Kinder, die in der Praxis vielfach zu „Nationalschulen“ für die gesamte Dauer der Schulpflicht geworden sind, sollten auf ein Jahr beschränkt werden. Rechtlich sollten sie ausschließlich der deutschen Schulverwaltung unterstehen. „Ich will keine Koranschulen, in denen vielleicht eine Khomeiny-Ideologie gelehrt wird“, rief Kühn unter starkem Beifall. Für sein Integrationsprogramm vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung forderte Kühn die Bereitstellung von 600 Millionen Mark jährlich.

In den 15 Arbeitsgruppen wurde, ausgehend von dem Kühn-Memorandum und der in jüngster Zeit sichtbar gewordenen politischen Neuorientierung gegenüber den Problemen ausländischer Familien und ihrer Kinder, ein Forderungskatalog diskutiert, der auf unmittelbare Hilfe im Kindergarten, in der Schule, in der Berufsausbildung, der Jugend- und Elternarbeit gerichtet war.

Lediglich in einer Arbeitsgruppe kam es zu massiven und tumultuösen Auseinandersetzungen. Hier beherrschten die vor allem aus Berlin, München und Frankfurt in Gruppen angereisten griechischen Elternvereine die Diskussion und setzten knapp gegen andere griechische und türkische Vertreter eine Absage an eine Integration und die politischen Ziele des „Kühn-Memorandums“ durch. Sie bestanden nachdrücklich auf griechischen Nationalklassen und begründeten dies insbesondere mit der zeitlich allerdings unbestimmten Rückkehr ihrer Kinder nach Griechenland. Auch am Sonntag, als die Arbeitsgruppenleiter die Diskussionsergebnisse vortrugen, bestimmten diese Elternvereinsgruppen den Verlauf, da ein großer Teil der Teilnehmer vom Samstag bereits abgereist war. Ihr massiv vorgetragener Protest gegen eine Integration löste bei den noch anwesenden anderen ausländischen Gruppen und Elternvereinigungen eine Flut von Presseerklärungen für Gleichberechtigung und Integration aus.



Quelle: Jutta Roitsch, „Kühn warnt Deutsche vor einem neuen rassischen Hochmut“, Frankfurter Rundschau, 17. Dezember 1979.

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