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Der Arbeitsminister begrüßt den millionsten Gastarbeiter (30. Oktober 1964)

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Wir sind daran interessiert, daß die Gastarbeiter längeren Aufenthalt bei uns nehmen. Die Statistiken beweisen, daß diese Erwartung berechtigt ist. Von den Ende 1963 bei uns beschäftigten Gastarbeitern, lebten fast zwei Drittel ein Jahr und länger in Deutschland. Fast ein Viertel arbeitete schon seit drei Jahren bei uns. Aus den Saisonarbeitern sind weitgehend Dauerarbeiter geworden. Wir begrüßen das aus Gründen der Stabilität, der Eingewöhnung und des glatten Ablaufs der Arbeit in den Betrieben.

Auch auf den übrigen Gebieten werden wir nicht untätig sein. Das bewährte System der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik steht weitgehend auch den Gastarbeitern zur Verfügung. Sie erhalten den gleichen Rechts- und Sozialschutz wie ihre deutschen Kollegen. Den meisten von ihnen wird Kindergeld nach deutschen Maßstäben gewährt. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie sogar Mitglied des Betriebsrats werden. Die Bundesregierung wird es sich auch in Zukunft angelegen sein lassen, die Gastarbeiter kulturell in unsere Gemeinschaft zu integrieren. Dabei begrüßen wir die wertvolle Arbeit der Kirchen. Presse und Rundfunk sind bemüht, die Gastarbeiter in ihrer eigenen Sprache zu informieren, um so eine ständige Brücke zwischen ihnen und ihren Heimatländern zu schlagen. Die Bundesregierung ist dankbar für diese Initiativen.

Zuweilen hört man Sorgen, die anschwellende Zahl der Gastarbeiter bedeute eine Überfremdung. Davon kann ernsthaft keine Rede sein. Gemessen an den rd. 22 Millionen Beschäftigten in unserer Wirtschaft ist die eine Million Gastarbeiter immer noch eine vergleichsweise geringe Zahl. Etwas über 4 v. H. aller an deutschen Arbeitsplätzen stehenden Männer und Frauen kommen aus anderen Ländern. Ich möchte hier auch auf die Erfahrungen in der Schweiz verweisen, die rd. 800.000 Gastarbeiter beschäftigt und dabei gute Erfahrungen und Ergebnisse erzielt. Daß die eine Million gern und freudig bei uns ihre Arbeit tut und gern in Deutschland ist, möchte ich als einen Beweis dafür werten, daß wir auch in Zukunft gut und gedeihlich zusammenarbeiten. Die Gastarbeiter haben bei uns den Beweis dafür erbracht, daß die Verschmelzung Europas und die Annäherung von Menschen verschiedenster Herkunft und Gesittung in Freundschaft eine Realität sind. Dafür schulden wir ihnen Dank.



Quelle: Theodor Blank [Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung], „Eine Million Gastarbeiter. Eine nicht unerhebliche Voraussetzung für das Gedeihen der deutschen Wirtschaft“, in Bulletin (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung), Nr. 160, 30. Oktober 1964, S. 1480.

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