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Amerikanische Forderung nach dem Abriss der Mauer (12. Juni 1987)

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Auf den Philippinen sowie in Süd- und Mittelamerika hat es eine Wiedergeburt der Demokratie gegeben. Der gesamte pazifische Raum bringt mit Hilfe seiner Märkte ein Wunderwerk nach dem anderen an wirtschaftlichem Wachstum hervor. In den Industrienationen findet eine technologische Revolution statt – eine Revolution, die von schnellen, dramatischen Fortschritten im Bereich der Computertechnik und Telekommunikation geprägt ist.

In Europa verweigert nur eine Nation den Beitritt zur freien Welt. Der Weg ist auch anderen Ostblockstaaten versperrt . . . . Aber in diesem Zeitalter des doppelten Wirtschaftswachstums, der Informationen und Innovationen hat die Sowjetunion immer noch die Wahl. Sie muß grundlegende Veränderungen vornehmen oder sie wird sich überleben.

Daher besteht heute Hoffnung. Wir im Westen sind bereit, gemeinsam mit dem Osten an einer wahren Offenheit zu arbeiten – die Schranken niederzureißen, die die Menschen trennen, eine sicherere und freiere Welt zu schaffen. Und sicherlich gibt es keinen besseren Ort als Berlin, den Angelpunkt von Ost und West, um damit anzufangen. Freie Berliner: Heute vertreten die Vereinigten Staaten wie in der Vergangenheit die strikte Einhaltung und volle Anwendung aller Teile des Viermächte-Abkommens von 1971. Lassen Sie uns diese Gelegenheit, den 750. Jahrestag dieser Stadt zum Anlass nehmen, um in ein neues Zeitalter aufzubrechen – um nach einem noch ausgefüllteren, reicheren Leben für das Berlin der Zukunft zu streben. Lassen Sie uns gemeinsam die Bindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Westsektoren Berlins aufrechterhalten und entwickeln, wie dies im Abkommen von 1971 vorgesehen ist.

Und ich unterbreite Herrn Gorbatschow folgenden Vorschlag: Bringen wir die Ost- und Westteile der Stadt enger zusammen. Alle Bewohner der gesamten Stadt Berlin sollen die Vorzüge genießen, die das Leben in einer der größten Städte der Welt mit sich bringt.

Öffnen wir Berlin dem gesamten Europa, Ost und West, gegenüber noch weiter. Durch eine Erweiterung des lebenswichtigen Zugangs zu dieser Stadt auf dem Luftweg finden wir Wege, den kommerziellen Luftverkehr nach Berlin bequemer, vorteilhafter und wirtschaftlicher zu machen. Wir sehen dem Tag entgegen, an dem West-Berlin eines der wichtigsten Zentren der Luftfahrt im gesamten Mitteleuropa werden kann.

Gemeinsam mit ihren französischen und britischen Partnern möchten die Vereinigten Staaten es ermöglichen, zusätzliche internationale Konferenzen in Berlin abzuhalten. Es wäre für Berlin nur angemessen, als Veranstaltungsort für die Konferenzen der Vereinten Nationen zu dienen, oder für Konferenzen über Menschenrechte und Rüstungskontrolle oder andere Problemkreise, die eine internationale Zusammenarbeit verlangen.

Wenn wir den Horizont junger Menschen erweitern, dienen wir auch der Stärkung der Hoffnung für die Zukunft. Zur Erlangung dieses Ziels möchten wir Sommeraustauschprogramme, kulturelle Veranstaltungen und Programme für junge Berliner aus dem Osten fördern. Ich bin sicher, daß unsere französischen und britischen Freunde dasselbe tun werden. Und ich hege die Hoffnung, daß in Ost-Berlin eine entsprechende Stelle gefunden werden kann, die Besuche junger Menschen aus den Westsektoren ausweitet.

Und nun zu einem letzten Vorschlag, der mir sehr am Herzen liegt. Der Sport stellt eine Quelle der Freude und Weiterentwicklung dar, und sie werden bemerkt haben, daß die Republik Korea – Südkorea – ihre Zustimmung erteilt hat, daß einige Veranstaltungen der Olympiade von 1988 im Norden des Landes stattfinden können. Warum können nicht internationale sportliche Wettbewerbe verschiedenster Art in beiden Teilen dieser Stadt abgehalten werden? Und wie könnte man besser die Offenheit dieser Stadt dokumentieren als durch das Angebot, in naher Zukunft die Olympischen Spiele hier in Berlin, im Osten und im Westen, abzuhalten? Wie ich bereits erwähnt habe, haben Sie, die Berliner, in diesen vier Jahrzehnten eine großartige Stadt wiederaufgebaut. Sie haben das trotz vieler Bedrohungen getan: Die Sowjets versuchten zum Beispiel bei Ihnen die Ostmark als Währung einzuführen. Es gab die Blockade. Trotz der Herausforderungen der Mauer blüht diese Stadt heute. Was hält Sie hier? Sicherlich läßt sich über ihre Stärke und Ihre Entschlossenheit sagen. Aber ich glaube, dahinter steht noch etwas anderes. Der gesamte Charakter Berlins, sein Lebensgefühl und seine Lebensart. Nicht nur Idealismus – niemand könnte lange in Berlin leben, ohne seiner Illusionen völlig beraubt zu werden. Sie haben die Schwierigkeiten des Lebens in Berlin erkannt, aber dennoch die Entscheidung getroffen, sie zu akzeptieren. Dadurch wird diese großartige und stolze Stadt ständig weiterentwickelt. Welch ein Gegensatz zu einer totalitären Umgebung, die keine menschlichen Kräfte oder Hoffnungen freisetzt. Sie sprechen mit einer mächtigen Stimme der Zustimmung – die diese Stadt und ihre Zukunft bejaht, ein „Ja“ zur Freiheit. Das heißt, das, was sie in Berlin hält, ist die Liebe – eine tiefe und aufrichtige Liebe.

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