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Amerikanische Forderung nach dem Abriss der Mauer (12. Juni 1987)

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Sind dies die Anfänge tiefgreifender Veränderungen im Sowjetstaat? Oder sind es Scheingesten, die im Westen falsche Hoffnungen wecken oder das sowjetische System festigen sollen, ohne es zu verändern? Wir sind der Ansicht, daß Freiheit und Sicherheit zusammengehen – daß das Vorrücken der Menschenrechte die Sache des Friedens nur vorantreiben kann. Die Sowjets würden damit ein unmißverständliches Zeichen setzen, das die Sache von Freiheit und Frieden dramatisch vorantreiben würde.

Generalsekretär Gorbatschow, wenn Sie nach Frieden streben – wenn Sie Wohlstand für die Sowjetunion und für Osteuropa wünschen – wenn Sie die Liberalisierung wollen, dann kommen Sie hierher zu diesem Tor. Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor. Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder.

Ich weiß um die Angst vor einem Krieg und das Leid der Teilung, die diesen Kontinent heimsuchen – und ich verbürge mich für die Bemühungen meines Landes zur Überwindung dieser Bürde. Freilich bleibt es weiterhin notwendig, uns der sowjetischen Expansion zu widersetzen. Das heißt, wir im Westen müssen eine starke Verteidigung aufrechterhalten. Dennoch streben wir nach Frieden. Deshalb werden wir darum ringen, die Waffen auf beiden Seiten zu reduzieren.

Vor zehn Jahren begannen die Sowjets, das westliche Bündnis mit einer neuerlichen schwerwiegenden Bedrohung herauszufordern: zahllose neue und gefährliche Nuklearraketen des Typs SS-20, die in der Lage sind, jede Hauptstadt in Europa zu treffen. Das westliche Bündnis reagierte, indem es sich für eine Gegenstationierung einsetzte, bis daß die Sowjets Verhandlungen über eine bessere Lösung zustimmten – besonders der Abschaffung solcher Waffen auf beiden Seiten. Viele Monate lang haben sich die Sowjets geweigert, ernsthaft zu verhandeln. Als das Bündnis sich darauf vorbereitete, seine Gegenstationierung durchzuführen, gab es schwierige Augenblicke heftiger Proteste wie die anläßlich meines Besuches in dieser Stadt im Jahr 1982 – und später zogen sich die Sowjets vom Verhandlungstisch zurück.

Aber das Bündnis stand fest zusammen. Und ich fordere diejenigen, die damals protestierten – und die heutigen Demonstranten – auf, sich diese Tatsache zu merken: Weil wir stark geblieben sind, besteht heute die Möglichkeit, nicht nur die Zunahme der Waffen einzuschränken, sondern zum ersten Mal eine gesamte Klasse nuklearer Waffen von der Erdoberfläche zu beseitigen.

Gerade treffen sich die NATO-Minister in Island, um die jüngsten Fortschritte zu überprüfen, die unsere Vorschläge hervorgebracht haben. Ferner haben wir bei den Verhandlungen in Genf einschneidende Reduzierungen strategischer Offensivwaffen vorgeschlagen. Und die westlichen Verbündeten haben ihrerseits weitreichende Vorschläge zum Abbau der Gefahr eines konventionellen Krieges und vollständigen Abschaffung aller chemischen Waffen unterbreitet.

Als Teil dieser Anstrengungen verbürge ich mich für die Aufrechterhaltung unserer Fähigkeit zur Abschreckung einer möglichen sowjetischen Aggression, auf welchem Niveau sie auch stattfinden mag. Und in Zusammenarbeit mit einigen unserer Verbündeten betreiben die Vereinigten Staaten weiterhin die Strategische Verteidigungsinitiative – ein Forschungsprojekt, das Abschreckung nicht auf die Androhung einer offensiven Vergeltung stützt, sondern auf eine Verteidigung, die wahrhaft abwehrt; kurz gesagt auf Systeme, die die Bevölkerung nicht angreifen, sondern sie schützen. Auf diesem Weg versuchen wir die Sicherheit Europas und der ganzen Welt zu erhöhen. Aber eins dürfen wir nicht vergessen: Ost und West mißtrauen sich nicht, weil wir bewaffnet sind. Wir sind vielmehr bewaffnet, weil wir einander mißtrauen. Und unsere Differenzen beziehen sich nicht auf Waffen, sondern auf Weltanschauung. Als Präsident Kennedy vor 24 Jahren seine Ansprache vor dem Rathaus hielt, war das freie Berlin bedroht und belagert. Trotzdem kann Berlin heute seiner Freiheit sicher sein, trotz all des Drucks, der auf dieser Stadt lastet. Und die Idee dieser Freiheit verwandelt die Erde.

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