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Das Ende der gemeinsamen deutschen Olympia-Mannschaft (11. Oktober 1968)

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Ein verlorener Traum

Ulbricht erreichte auch für Mexico City sein politisches Ziel, nämlich die Demonstration der Zwei-Staaten-Theorie durch zwei deutsche Mannschaften. Nur eine Kleinigkeit fehlt ihm noch: Die „Hammer-und-Zirkel-Flagge“ darf er nicht zeigen und statt der Becher-Hymne wird Schiller-Beethovens „Freude, schöner Götterfunke“ ertönen. 1972 in München wird es dann auch diese Ersatzlösungen nicht mehr geben.

Avery Brundage aus Chicago, der idealistisch gestimmte 81jährige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, ist aber schon jetzt gescheitert. Vergeblich versuchte er, „die Politik aus dem Sport herauszuhalten“. Doch im Ostblock hat die Politik nun einmal den Primat vor dem Sport. Und in der neutralen Welt scheint es nicht anders zu sein.

Auch auf einem anderen politischen Feld, dem des Rassenkampfes, mußten Brundage und das Internationale Olympische Komitee (IOC) kapitulieren. Die Politiker der Dritten Welt zwangen das IOC durch ihre umfassende, von der Sowjetunion unterstützte Boykottandrohung für Olympia 1968 mit Stimmenmehrheit beschlossene Zulassung der weißen und schwarzen südafrikanischen Sportler wieder rückgängig zu machen.

Wie einst auf den historischen Schlachtfeldern werden heute die weltpolitischen Gegensätze auch auf olympischem Gelände ausgetragen. Der alte romantische Menschheitstraum von den Olympischen Spielen ist ausgeträumt – welch wehmütige Erkenntnis.



Quelle: Adolf Metzner, „Zwischen Panzern und Prestige. Die Olympischen Spiele von Mexiko“, Die Zeit, 11. Oktober 1968.

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