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Die preußische Armee und die inneren Unruhen (30. April 1907)

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Mit dieser Maßregel geht gleichzeitig die ausübende Gewalt mit unbeschränkter Vollmacht in allen Verwaltungsangelegenheiten, in polizeilicher und gerichtlicher Beziehung auf den mit dem Oberbefehl und der Herstellung der Ordnung betrauten militärischen Führer über. Die Polizei wird ihm damit unterstellt und kann durch ihre Kenntnis der Örtlichkeiten und Bevölkerung besonders wichtige Dienste leisten. [ . . . ]

Die ersten Maßregeln, die gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Belagerungszustandes getroffen werden müssen, sind die Unterdrückung aller aufrührerische Tendenzen verfolgenden Blätter und die Verhaftung der Redakteure, sowie überhaupt aller als Führer und Agitatoren bekannten Personen, ohne Rücksicht auf die Immunität der Reichstagsabgeordneten. [ . . . ]

Alle Versammlungen werden verboten und gerade beim Beginn aufrührerischer Bewegungen müssen alle Versuche zur Widersetzlichkeit im Keim erstickt werden. [ . . . ]

Unter keinen Umständen dürfen höhere oder niedere Befehlshaber auf Unterhandlungen mit Aufständischen eingehen, es gibt nur eine Bedingung „Unterwerfung auf Gnade oder Ungnade“. Eroberte Stadtteile sind genau abzusuchen, Gefangene sofort nach auswärts abzuschieben, falls sie nicht sofort an Ort und Stelle vor die Kriegsgerichte gestellt werden.

Alle Rädelsführer oder wer mit der Waffe in der Hand gefangen wird, ist dem Tode verfallen. Die volle Strenge des Gesetzes ist unbarmherzig anzuwenden.



Quelle: Aus dem geheimen Erlaß des Kommandierenden Generals des VII. Armeekorps Moritz Ferdinand Freiherr von Bissing über das Verhalten der Truppen „bei inneren Unruhen“ (30. April 1907), in Dieter Fricke, „Zur Rolle des Militarismus nach innen in Deutschland vor dem ersten Weltkrieg“, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 6/1958, S. 1302ff.

Abgedruckt in Willibald Gutsche, Herrschaftsmethoden des deutschen Imperialismus 1897/98 bis 1917. Berlin-Ost, 1977, S. 115-16.

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