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Theodor Herzl trifft Wilhelm II. in Jerusalem (1898)

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Bülow sagte süß: „Wie Se. Majestät der Kaiser zu sagen die Gnade hatte, ist Wasser die Hauptsache. Herr Herzl wird besser wissen als ich, was der griechische Dichter sagt: „Wasser ist am besten".

„Das können wir dem Lande bringen. Es wird Milliarden kosten, aber auch Milliarden einbringen."

„Na, Geld haben Sie ja genug", rief der Kaiser jovial und beklopfte sich mit der Reitpeitsche den Stiefel. „Mehr Geld wie wir alle."

Bülow abondait dans ce sens: „Ja, das Geld, das uns so viele Schwierigkeiten macht, haben Sie reichlich."

Ich wies darauf hin, was man mit der Wasserkraft des Jordan machen könnte, und zog Seidener als Ingenieur ins Gespräch. Seidener sprach von Talsperren usw. Der Kaiser ging gern darauf ein und spann den Gedanken fort. Dann kam er auf die Gesundheitsverhältnisse, Augenkrankheiten usw., die besonders zur Zeit der Feigenernte auftreten. Da zog ich Schnirer heran, der darüber kurz sprach.

Noch konnte ich anfügen, wie ich mir es dächte, die alte Stadt den milden Anstalten zu übergeben, zu säubern und ein Neu-Jerusalem zu bauen, das man vom Ölberg überschauen würde, wie Rom vom Gianicolo.

Wolffsohn und Bodenheimer konnte ich nicht herankriegen, denn der Kaiser schloß die Audienz, indem er mir noch einmal die Hand reichte.

Ich ging voraus ab, sah dann noch einmal seitlich zurück. Der Kaiser stand im Profil zu Bülow gewendet und sprach mit ihm und sah aus, als wenn er sich eine contenance geben wollte.

Der Graf v. Kessel fragte, als wir gingen: „Die Audienz schon aus?" Er war weniger verbindlich als in Konstantinopel, woraus ich schloß, daß unsere Aktien weniger gut stünden.

Im Weggehen sagte ich zu Schnirer: „Il n'a dit ni oui ni non."

Man wollte uns jetzt wieder nicht zum Gitter hinaus lassen. Aber draußen stand der Geheimpolizist und angebliche Zionist Mendel Krämer, der uns seit Jaffa begleitet – mir scheint im Auftrag der türkischen Regierung – und ließ uns öffnen.



Quelle: Theodor Herzl, Theodor Herzls Tagebücher, 1894-1904. 3 Bände, Berlin, 1922-23, Band 2, S. 222-26.

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