GHDI logo

August Bebels Rede im Norddeutschen Reichstag gegen den Deutsch-Französischen Krieg und die Annexion von Elsass-Lothringen (26. November 1870)

Seite 5 von 5    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Abgeordneter Bebel: Meine Herren, ich nehme an, daß wenigstens im Reichstage kein Kriegszustand existiert, und ich will dem Herrn Präsidenten nur bemerken, daß er mich vollständig mißverstanden hat, wenn er gemeint hat, als wollte ich das gesamte Volk mit dem bezeichnen, was ich vorher über die Anleihe gesagt habe. Daß das Volk in seiner ungeheuren Mehrheit nicht in der Lage ist, mit auf eine Kriegsanleihe, wo die geringste Summe 100 Taler beträgt, zeichnen zu können, weiß ich, Sie können also daraus entnehmen, daß es eben nur die höheren, die besitzenden Klassen in Deutschland sein können und daß dieselben ihrem Patriotismus durch ihr Verfahren bei der Anleihe ein schlechtes Zeugnis ausgestellt haben. Nicht auf das Volk, sondern, wohlgemerkt, auf die besitzende Klasse, die Bourgeoisie, die zunächst verpflichtet, bezog sich meine Äußerung.

Im übrigen meine Herren, verzichte ich auf weitere Ausführungen – (sehr wohl!) ja, meine Herren, ich glaube, daß es Ihnen angenehm ist –, der Antrag, den ich und der Abgeordnete Liebknecht eingebracht haben, enthält in seinen Motiven noch ausführlich den Standpunkt, den wir in dieser Frage einzunehmen für nötig halten. Wir verlangen eben nicht mehr und nicht weniger, als die Ablehnung der Mittel zur Fortführung des Krieges, wir erwarten, daß Sie dem zustimmen, nicht; es von Ihnen zu verlangen, wäre eine Dummheit von unserer Seite (Heiterkeit) – wir sprechen uns dafür aus, daß unserer Ansicht nach der einzig korrekte Weg ist, die Anleihe abzulehnen, und daß es notwendig ist, eine Aufforderung an den Bundeskanzler zu richten, dahin zu wirken, daß ein Friede mit der französischen Nation, unter Verzichtleistung auf jede Annexion, schleunigst geschlossen werde.



Quelle: Helmut Hirsch, August Bebel. Sein Leben in Dokumenten, Reden und Schriften. Köln und Berlin, 1968, S. 158-62.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite