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Gründungsaufruf des Vereins der deutschen Katholiken (8. Juli 1872)

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Dabei wird die kirchenfeindliche Presse zum Kampfe gegen uns öffentlich organisiert; ihr läßt man den zügellosesten Spielraum, die Katholiken zu verdächtigen, zu verleumden, ihr Oberhaupt zu verhöhnen, die ehrwürdigsten Institutionen der Kirche zu beschimpfen, Spott zu treiben mit allem, was uns heilig ist!

So müssen wir es uns denn von Tag zu Tag bewußter werden, selbst wenn es uns die Gegner nicht von der Tribüne des Parlamentes zuriefen und in fanatischen Tageblättern unaufhörlich wiederholten, daß der Kampf der Gegenwart gegen die Existenz der katholischen Kirche in Deutschland überhaupt gerichtet ist.

Der Staat, das heißt jener Staat, wie ihn die Gegner der geoffenbarten Religion und der Kirche sich mit Willkür konstruieren und mit Leidenschaft zur Geltung zu bringen suchen, leidet keine günstige Macht in seinem irdischen Bereiche, welche ihm die Wahrheit sagt, wenn er irrt, sein Unrecht rügt, wenn er frevelt.

Wir dagegen stehen fest in unseren kirchlich-politischen Grundsätzen, welche uns Vernunft und Glauben lehren. Wir halten daran, daß es auf Erden zwei Gewalten gebe, die von Gott zum Heile des Menschengeschlechts bestellt sind; daß es aber der Wille Gottes ist, dessen Fügung die irdische Ordnung im Staate ihr Dasein verdankt, und dessen Gnade die Heilsordnung in der Kirche gestiftet hat, beide Ordnungen nicht getrennt zu sehen, sondern vereint zur Herstellung des großen christlichen Gemeinwesens, welches über den ganzen Erdkreis sich zu erstrecken bestimmt ist. Das richtige Verhältnis von Staat und Kirche aber erkennen wir aus den Zielen, welche beiden gesteckt sind: Dort ein Ziel in der Irdischkeit, das sich notwendigerweise dem höheren ewigen Ziele des Menschen unterordnet, hier dieses ewige Ziel, das unendlich weit über dieses endliche Dasein hinausreicht und zu welchem sich jenes verhält wie das Mittel zum Zweck. Darum halten wir fest an der Weisung des göttlichen Stifters unserer heiligen Religion, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist. Und wie wir uns bewußt sind, daß der Glaube die sichere Leuchte der Handlungen jedes einzelnen sei, so verehren wir auch in dem apostolischen Lehramte der Kirche jene Autorität, welche die Völker und die Fürsten in der Wahrheit des christlichen Sittengesetzes unterweist und uns mahnt und stärkt, mit den Aposteln zu sprechen: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.

Erkennt man dort, wo die Zügel der irdischen Gewalt ruhen, diese Grundsätze, das wahre Fundament aller bürgerlichen und staatlichen Ordnung, nicht mehr an, so müssen wir um so mehr mit allen uns gesetzlich zu Gebote stehenden Mitteln Anerkennung zu erringen bestrebt sein: einerseits, um der Kirche die ihr von Gott verliehene Freiheit und Selbständigkeit und damit den Wirkungskreis ihrer göttlichen Mission zu wahren, andererseits, um nach Kräften dazu beizutragen, daß der Auflösung und Zersetzung der bürgerlichen Ordnung, welche bei der Herrschaft der entgegengesetzten Grundsätze unausbleiblich eintreten werden, ein Damm entgegengestellt werde.

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