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Max von Forckenbeck an Franz von Stauffenberg über die Notwendigkeit nationalliberaler Opposition (19. Januar 1879)

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Für dieses Programm sollten Unterschriften gesammelt werden, wie bei der Erklärung der 224, zugleich wurde die Versammlung der volkswirtschaftlichen Gesellschaft, von der jetzt Bamberger berichtet hat, vorbereitet. Lasker soll aus dem Spiele bleiben. Mitgeteilt wurde, daß er fest entschlossen sei, im Reichstage im Sinn des Freihandels aufzutreten, und schon jetzt die Rede ausarbeite.

Bennigsen und Miquel sollten zwar benachrichtigt, mit Ihnen gesprochen werden, alleiniges Vorgehen auch ohne dieselben wurde als möglich in Aussicht genommen.

Was aus der Sache weiter geworden, weiß ich nicht. Einzelne Andeutungen der National-Zeitung lassen mich vermuten, daß weiter verhandelt ist, und eine Einigung mit Bennigsen gefunden ist.

Es ist ja eine sehr reaktionäre Strömung im Lande, aber auch die Anzeichen des Widerstandes und der wiederkehrenden Besinnung mehren sich. Ich werde unter keinen Umständen mit einem reaktionären Strome schwimmen, lieber untergehen, wie Sie schreiben. Am allerwenigsten habe ich Lust einer solchen Strömung als Präsident zu dienen. Ich glaube, daß die Zeit zu fester und klarer Opposition mit vielen oder wenigen aber gleichgesinnten gekommen ist. [ . . . ]

Kaiser und Kronprinz haben mich beim Einzuge und Empfange mit großer Gnade behandelt. Der Kaiser sogar beim Empfange des Magistrats den Wunsch ausgesprochen, ich möge Präsident bleiben. (Doch dieses vertraulich.) Meine Lage als Berliner Oberbürgermeister ist allerdings voll großer Schwierigkeiten, allein das bestimmt mich nicht.

In Berlin ist übrigens in allen Kreisen ein lebhaftes Oppositionsgefühl, gleichzeitig verbunden mit einer großen Zuneigung für den Kaiser, der wiederum, wie wenn nichts passiert ist, anscheinend in großer Rüstigkeit in seinem offenen Wagen überall herumfährt.



Quelle: Max von Forckenbeck an Franz von Stauffenberg. Nachlaß Stauffenberg.

Abgedruckt in Julius Heyderhoff und Paul Wentzcke, Hg., Deutscher Liberalismus im Zeitalter Bismarcks. Eine politische Briefsammlung, 2 Bände, Bd. 2, Im Neuen Reich 1871-1890. Politische Briefe aus dem Nachlaß liberaler Parteiführer. Bonn, Leipzig: Kurt Schroeder Verlag, 1926, S. 230-31.

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